VON BLÜHENDEM BLÖDSINN UND GANGSTERLITERATUR

Eine kurze Geschichte der deutschen Comics

Andreas C. Knigge

»Von Wilhelm Busch bis Flix« – das markiert Eckpunkte eines Zeitraums von gut 160 Jahren deutscher Comic-Geschichte, von Buschs erstem 1859 veröffentlichtem Bilderbogen bis heute. Allerdings handelt es sich dabei um eine Geschichte mit dünnen Wurzeln und ohne Kontinuität, und vor nicht einmal langer Zeit hätte es dazu noch gar nicht viel zu berichten gegeben, geschweige denn zu zeigen.

Als der Comic als moderne Form der Bildergeschichte, wie sie um die Jahrhundertwende in den New Yorker Zeitungen aufgekommen war,[1] sich um 1930 auch in Europa auszubreiten beginnt – in Form erster Übersetzungen oder durch den Einfluss seiner Ästhetik auf hiesige Künstler –, gelangen in Deutschland die Nationalsozialisten an die Macht. Comics gelten ihnen als »blühender Blödsinn« und »gräulicher Kohl« (so etwa 1944 der Illustrierte Beobachter), sie sind »Presseerzeugnisse, die in Europa so ziemlich unbekannt sind, weil ihr Inhalt auf der geistigen Entwicklungsstufe etwa zehnjähriger Kinder steht und die Primitivität des Gebotenen und der Darstellung auch den einfachsten Menschen unseres Kontinents zu wenig bieten würde.« So bleibt es, mit nur wenigen Ausnahmen, bei der Form der klassischen Bilderzählung und der mit ihr verbundenen Bieder- und Behäbigkeit. Sprechblasen gelten als »undeutsch« und sind verpönt.

Nach der Befreiung entdecken Kinder und Jugendliche dann die comic books. Der Spiegel schimpft die neue Plage 1951 »literaturpädagogisches Gift«, doch wie Kaugummi und Hershey’s-Schokolade sind sie heiß begehrt. »Die Invasion dieser Hefte nimmt von den Kasernen ihren Ausgang, denn die amerikanischen Soldaten lesen sie in jeder Menge«, meldet der Wiesbadener Kurier 1952. »Später verschenken sie sie an Jugendliche, die dankbare Abnehmer sind.« In den Trümmerstädten beginnen Kellerverlage hastig gezeichnete Hefte mit sowohl deutschen Sprechblasen wie Schauplätzen zu drucken; 1953 kommt es zu einem regelrechten Boom, als plötzlich über dreißig verschiedene Serien an den Kiosken ausliegen. Doch dominieren das Angebot bald Übernahmen aus anderen europäischen Ländern und den USA und verdrängen schließlich eigene Titel nahezu vollständig: Bereits Vorhandenes zu übersetzen erweist sich als einfacher, als Eigenes zu produzieren. Eine Situation, die sich erst ab Mitte der 1980er-Jahre zu wandeln beginnt.

Heute finden sich in den Programmen nahezu aller Comic-Verlage (sowie bei etlichen Belletristikverlagen) regelmäßig Neuerscheinungen auch deutscher Zeichner – darunter erfrischenderweise bemerkenswert viele Frauen. Ihre Arbeiten erhalten Preise und werden in andere Sprachen übersetzt, sie gestalten eigene Manga-Serien und sogar Episoden internationaler Bestsellerreihen wie Lucky Luke oder Spirou und Fantasio. Deutsche Zeichner sind plötzlich gefragt und mischen mit im internationalen Comic-Geschehen. Das ist neu und spiegelt sich in der Ausstellung in der stilistischen und thematischen Breite ihrer Arbeiten.

Ist Flix hier also synonymisch zu verstehen für eine ganze Generation aktuell aktiver Künstler und Künstlerinnen, bleibt Wilhelm Busch (1832-1908), mit dem die Bildergeschichte ihren künstlerischen Höhepunkt erlebte, ein Solitär. Er selbst nannte sein Handwerk »in Bildern schreiben« und sah dabei »zuerst das Bild und dann das Wort«, vor allem aber, dass beides »ineinandergreifen« müsse: Sein genuiner Humor wirkt vor allem im engen Zusammenspiel von Bild und Text, die unter seiner Feder zu einer neuen und weit engeren Liaison finden, als sie bei zeitgenössischen Kollegen wie etwa Lothar Meggendorfer oder Franz von Pocci anzutreffen ist. Räumlich jedoch bleiben sie getrennt.

Der formale Aufbau der Arbeiten Buschs unterscheidet sich nicht auffällig von dem anderer Bildergeschichten, wie sie im 19. Jahrhundert in ganz Europa populär waren. Eine verblüffende Ausnahme stellt das im Nachlass entdeckte Blatt Der böse Hundsfänger und das arme Hündlein dar, das um 1865 entstanden sein muss. Verblüffend, da, entgegen jeder Konvention, sein Layout frappant dem der Comic-Seiten ähnelt, wie sie erst gegen Ende des Jahrhunderts in den USA aufkommen.[2] Dem jeweiligen Platz entsprechend, den das Geschehen beansprucht, sind die nahezu filmisch ablaufenden Einzelszenen unterschiedlich breit, in Bildstreifen untereinander angeordnet und in der letzten Zeile jeweils getrennt durch einen schmalen Steg – wie er später zur Grammatik einer neuen Gattung werden wird.[3]

Auch wenn das Busch noch nicht zum Ahnvater der Comics macht, so ist es doch legitim, mit dem Bildvirtuosen aus Wiedensahl, der eigentlich viel lieber Maler geworden wäre, zu beginnen: Mit dem von Schadenfreude getriebenem Witz vor allem seiner 1865 erschienenen und 1870 bereits auch in Amerika veröffentlichten Bilderzählung Max und Moritz – die sich durchaus eine frühe »Graphic Novel« nennen ließe – hatte Busch zweifelsfrei bedeutenden Einfluss auf den frühen Comic.[4] Dessen Etablierung in Europa stand er zugleich aber auch im Weg, denn durch seine Popularität hielt man beharrlich an der Ästhetik der Bildergeschichten fest.

Es ist geradezu erstaunlich, wie sich die Zeichner sowohl der Satiremagazine Fliegende Blätter oder Simplicissimus wie gleichfalls der seit 1922 erscheinenden Kinderzeitschrift Der heitere Fridolin oder beliebter Kundenblätter wie Dideldum stilistisch völlig unberührt zeigten von der bildsprachlichen Innovation ihrer amerikanischen Kollegen. Der Verwendung von Reimen (sowie kurzzeitig auch Prosatexten) unter den Bildern folgt das seit 1937 von dem Schuhhersteller Salamander herausgegebene Kundenheft Lurchi bis zum heutigen Tag.

Einen klaren Bruch mit dieser Tradition vollzog 1934 Erich Ohser mit Vater und Sohn. Die Berliner Illustrirte Zeitung. //tatsächlich nur »i«!// wollte eine Serie mit einer »stehenden Figur«, »etwas wie Micky Maus«,[5] und so übernahm Ohser von den comic strips die filmische Szenenfolge und deren Trennung mittels schmaler Stege. Statt die sonst üblichen Prosatexte oder Reime allerdings durch Sprechblasen zu ersetzen, gestaltete er die Episoden als Pantomimen. Dass somit allein das Bild erzählt, resultiert in der Lebendigkeit scheinbarer Bewegung, mit einem Schlag hat die deutsche Bilderzählung zur visuellen Mechanik des modernen Comics aufgeschlossen.

Aufgrund seiner gegen den Nationalsozialismus gewandten Karikaturen (u.a. im sozialdemokratischen Vorwärts) war der 1903 im sächsischen Plauen geborene Ohser durch die Verwehrung seiner Aufnahme in die Reichspressekammer quasi mit Berufsverbot belegt und musste sich das Pseudonym e.o. plauen – Erich Ohser aus Plauen – zulegen (was die Nazis keineswegs hinderte, seine rasch populären Figuren für politische Kampagnen zu nutzen). 1944 schließlich wurde Ohser von einem Nachbarn bei Goebbels denunziert und verhaftet. Am Morgen des 6. April, an dem Freisler den Schauprozess vor dem Volksgerichtshof eröffnen wollte, an dessen Ende das Todesurteil gestanden hätte, nahm er sich in seiner Zelle das Leben.[6] Seine Figuren blieben unvergessen.

Gleichfalls in der Berliner Illustrirten //nur »i«// erschien ab 1939 zudem die Serie Die 5 Schreckensteiner. Ferdinand Barlog (1895-1955) übernahm in seinen Gags um eine Reihe stets zu Mitternacht in einem Schloss spukender Geister Ohsers Prinzip der Pantomime, verwendet nun in einigen Folgen jedoch auch vereinzelte Sprech- und sogar Denkblasen.

»Lest das nächste spannende Heft, es heißt …«

In der jungen Bundesrepublik sind es zunächst die Publikumszeitschriften, auf deren Seiten sich bald ebenso populäre wie skurrile Charaktere etablieren. Den Anfang macht 1950 in der Quick der Meisterdetektiv Nick Knatterton (»Kombiniere!«), den Manfred Schmidt (1913-1999) nicht an Kinder, sondern an Erwachsene adressiert, indem er es an ironischen Zeitbezügen und runden Popos nicht mangeln lässt, und den er selbst als Persiflage ausgibt: »Der Zufall ließ mir kurz nach dem Kriege ein buntes, aus den USA importiertes Heftchen mit dem Titel Superman in die Hände fallen. Das war eine Bildergeschichte, wo den handelnden Personen textgefüllte Blasen aus Mund, Nase, Ohren oder Stirn quollen, je nachdem, ob sie etwas sagten, hörten, rochen oder gar dachten. […] Ich nahm mir vor, diese primitivste aller Erzählformen so gründlich zu parodieren, dass den Leuten die Lust an der blasenreichen, auf Analphabeten zugeschnittenen Stumpfsinnsliteratur verging.« Auch wenn sich das als Attitüde verstehen lässt, scheint hier die rüde Ablehnung der Gattung während der Zeit des Naziterrors auf, die unter dem Banner des Jugendschutzes (»Lesefutter für Analphabeten«) nun ihre Fortsetzung findet und in »Schmutz und Schund«-Kampagnen mit öffentlichen Comic-Verbrennungen mündet.

Als 1951 auf der Kinderseite der Hörzu der Redaktionsigel Mecki zur »stehenden Figur« einer Bilderserie wird,[7] sind Textblasen somit nicht gern gesehen. Zwar weist Manfred Escher (1905-1994) seinen Figuren anfangs ihre Worte durch spitze Häkchen zu, ohne seine »Sprechblasen« aber durch Umrandung als solche hervortreten zu lassen. Doch als Mecki zwei Jahre später zur Fortsetzungsserie wird, wechselt er zu Prosablöcken. Die comicmäßig arrangierten Zeichnungen illustrieren fortan ausschweifende Erzähltexte, statt die Handlung anzutreiben. Verschwunden dagegen ist der beide Elemente trennende leere Raum. Der Text klebt förmlich unter den Bildern, wird durch eine gemeinsame Rahmenlinie integriert, ohne allerdings mit ihnen zu verschmelzen. Dabei bleibt es, bis 1971 schließlich auch in Meckis Welt Sprechblasen Einzug halten.

Neben den Zeitschriftenserien – vor allem Roland Kohlsaats Jimmy das Gummipferd, von 1953 bis 1977 im Stern, darf nicht ungenannt bleiben – kommen zur gleichen Zeit erste wöchentliche, vierzehntägliche oder monatliche Hefte auf. Da sie sich an Kinder richten, stehen tradierte Sehgewohnheiten und Vorlieben nicht im Weg, die »Bildserien« punkten ganz im Gegenteil durch ihre weit frischere Erzählweise und Rasanz.

Auch der in Lugano mit italienischen fumetti aufgewachsene, nun in Hannover lebende Grafiker Hansrudi Wäscher registriert die Nachfrage und hat bereits mit der Konzeption eigener Comics begonnen, als er 1953 die erste Ausgabe der Akim-»Piccolos« entdeckt, die der ebenfalls in Hannover ansässige Walter Lehning Verlag aus Italien importiert und soeben als schmales schwarz-weißes Streifenheft (für taschengeldgerechte 20 Pfennig) herausgebracht hat. Wäscher spricht vor, und noch im gleichen Jahr debütiert von seiner Hand, ebenfalls im Piccolo-Format, die Ritterserie Sigurd.

Hansrudi Wäscher (1928-2016) ist zweifellos ein Phänomen innerhalb der deutschen Comic-Historie, niemand sonst hat ein ähnlich umfangreiches Werk geschaffen. Seine Hefte werden zur Jugendkultur der Nachkriegsgeneration, kein Schulhof, auf dem nicht in hitzigen Diskussionen den Fortsetzungen entgegengefiebert wird: »Kann Sigurd entkommen? Was wird aus seinen Freunden? Gibt es noch Hoffnung? Lest das nächste spannende Heft, es heißt …«

Sigurd folgen weitere Serien, darunter Tibor (wie schon Akim ein Tarzan-Epigone), Nick der Weltraumfahrer (1958 als Reaktion auf den Sputnik-Schock), Falk (eine zweite Ritterserie) oder der 007-Verschnitt Roy Stark. Streckenweise hängen an den Kiosken bis zu zehn verschiedene Heftreihen aus Wäschers Feder gleichzeitig (Nachdrucke, in denen Lehning die Abenteuer recycelt, inbegriffen). Bei diesem enormen Output – oft entsteht ein Piccolo mit 32 Seiten plus farbigem Titelbild an einem Tag – wundert nicht, wenn Schematisierung regiert. Die Helden unterscheiden sich allein durch ihre Frisur und Kleidung, die altbackenen Zeichnungen sind schlicht, die galoppierenden Abenteuererzählungen aber rasant wie heutige Fernsehserien.[8]

Wäschers Situation, wie am Fließband parallel an mehreren Serien gleichzeitig zu arbeiten, verweist zugleich auf den Mangel an Comic-Zeichnern zu dieser Zeit. Da es bisher keine Nachfrage gab, ist der Beruf quasi nicht existent und zudem der Ruf der Hefte als »Bildidiotismus« nicht gerade Anreiz, sich auf diesem Gebiet zu versuchen. So bleibt es bis Ende der 1970er-Jahre bei einer höchst überschaubaren Zahl von Comics zeichnenden »Grafikern«.

Als ein frühes Ausnahmetalent kann ohne Frage Helmut Nickel (1924-2019) gelten, der sich in Berlin sein Studium der Kunstgeschichte und Ethnologie »nebenbei« durch das Zeichnen vornehmlich historischer Serien wie Don Pedro oder Robinson finanziert. Letztere ist 1953 von Willi Kohlhoff, ursprünglich noch mit »Crusoe« im Titel, begonnen worden. Doch im Jahr darauf übernimmt Nickel und führt den Helden in eigener Regie über alle Kontinente und Meere. Nickels Artwork ist bis in die Details von brillanter Akkuratesse, allerdings bremsen mit völkerkundlichen »Informationen« überladene Zwischentexte und Sprechblasen einen erzählerischen Sog aus, wie ihn Wäscher in seinen Serien zu erzeugen vermag.

Nach Beendigung seines Studiums wird Nickel Kurator der Waffensammlung des Metropolitan Museum in New York und gibt das Zeichnen 1964 auf. Über Jahrzehnte ist es für ihn ohne Frage, einst »Schundliteratur« produziert zu haben (habe dann allerdings, wie er später anmerkt, wenigstens »Edelschund« machen wollen). Von Fans, die ihn schließlich in den USA aufspüren, erfährt er dann, dass er mitnichten vergessen ist. 2011 besucht er im Alter von 87 Jahren sogar das Comicfestival München und erfährt mit der Verleihung des PENG!-Preises eine späte und gänzlich unverhoffte Ehrung.

Ganz andere Motive als Wäscher oder Nickel treiben dagegen Rolf Kauka (1917-2000) um. Er will eine Trickfilm-Produktion im Stile Disneys aufbauen und hat bereits zuvor im damaligen Jugoslawien tätige Animatoren engagiert. Als es jedoch nicht vorangeht, verlegt er sich kurzerhand auf Comics, die soeben zum jugendkulturellen Hype avancieren. 1953 startet Fix und Foxi, zunächst noch unter dem Titel Eulenspiegel, das sich bis 2010 wacker gegen die Micky Maus (die zwei Jahre zuvor als erste durchgehend farbig gedruckte Zeitschrift in der Bundesrepublik an die Kioske gekommen war) als deren deutsches Pendant zu behaupten sucht, zunächst mit gutem Erfolg. Ganz seinem Vorbild entsprechend organisiert Kauka eine straffe Produktion, bei der verschiedene Zeichner mit Geschichten der gleichen Figuren befasst sind und sich an model sheets orientieren, die deren Aussehen und Charakter sowie spezifische Posen oder Gesten verbindlich festlegen, um individuelle Eigenarten der Künstler zu verwischen und alles wie von einer Hand erscheinen zu lassen.

Über die Jahre hinweg ist eine stattliche Zahl von Zeichnern für Kauka tätig, die neben der bieder verträumten Märchenwelt von Fix und Foxi, Lupo, dem Erfinder Knox und Oma Eusebia zudem weitere Comic-Universen schaffen wie Paulis Maulwurfshausen, den humoristischen Western Tom und Klein Biberherz oder Mischa im Weltraum. Zur ersten Generation, die »Kaukasien« prägt, zählen vor allem Walter Neugebauer, Branimir Karabajić, Vlado Magdić, Werner Hierl, Ludwig Fischer sowie Becker-Kasch alias Kurt Ludwig Schmidt – dessen künstlerische Individualität sich auch mittels model sheets nie ganz einebnen ließ.

Wie in Westdeutschland gelten auch in der DDR Comic-Hefte als Schmutz und imperialistisch obendrein. Das Neue Deutschland geißelt sie 1954 eine »Gangsterliteratur«, hinter der die Absicht stecke, »die Jugend zu brutalisieren, so dass sie selbst gegenüber den Schrecken eines beabsichtigten Krieges völlig abgestumpft wird«. Die Jugend freilich sieht das anders, und so entsteht in Berlin schnell ein reger Schmuggel über die noch offene Grenze. Was entdeckt wird, kommt, ganz wie »im Westen«, auf den Scheiterhaufen, und 1955 tritt eine Verordnung zum Schutze der Jugend in Kraft, gemäß der die Verbreitung, aber auch nur Lektüre oder Besitz von Comics »mit Gefängnis bis zu zwei Jahren« geahndet wird.

Um dem Bildhunger der Jugend eine sozialistische Alternative zu bieten, werden im gleichen Jahr auf Beschluss des Zentralrats der FDJ die »Bilderzeitschriften« Atze und Mosaik ins Leben gerufen. Vor allem das von Hannes Hegen (d.i. Johannes Hegenbarth, 1925-2014) gestaltete Mosaik mit den drei um die Welt, durch alle Epochen und schließlich sogar in den Weltraum reisenden Digedags wird ein durchschlagender Erfolg; das monatliche Heft verkauft bald 800.000 Exemplare, die meist wenige Stunden nach Erscheinen ausverkauft sind.

Anfangs verwendet Hegen Sprechblasen, gerät deshalb aber unter andauernden zähen Beschuss von Lehrern und Pädagogen und erhält 1962 die Direktive, fortan Prosatexte zu verwenden. Der ständigen ideologischen Gratwanderungen und Einmischungen endlich müde, gibt er das Zeichnen 1975 auf. Den Titel Mosaik reklamiert der Verlag Neues Leben für sich, die Digedags jedoch bleiben Hegens geistiges Eigentum, und er ist nicht willens, seine Figuren in andere Hände zu geben. So entwirft Lona Rietschel (1933-2017) letztlich mit den Abrafaxen ein neues Trio, das sogar die Wende übersteht und noch immer unterwegs ist in der Welt und durch die Zeit. Damit ist Mosaik heute die dienstälteste deutsche Comic-Produktion.

The Times They Are a-Changin’

Als im Frühjahr 1968 der Lehning Verlag die Pforten schließt und Wäschers Serien verschwinden, toben zur gleichen Zeit in Berlin Straßenschlachten wie seit Weimar nicht mehr. Eine neue Zeit bahnt sich ihren Weg, die alten Helden haben ausgedient. Bei Studenten, denen bislang Comics ebenfalls als unschicklich galten, werden der Underdog Donald Duck oder Revoluzzer wie Asterix Kultfiguren. Ihre Hefte und Alben sind nun Popkultur und auf jedem WG-Klo zu finden. Ebenso natürlich Fritz the Cat: Die freche Anarchie der in den USA gerade aufgekommenen comix ist von ansteckender Wirkung, aus Paris kommt zudem Barbarella, die »Kinder von Marx und Coca-Cola« entdecken das subversive Potenzial der Gattung.

Alfred von Meysenbug macht mit seinen grafisch durch die Pop-Art inspirierten Agitprop-Comics Mini-Faust, Supermädchen und Glamour-Girl 1968 den Anfang. 1971 beginnt in Pardon Chlodwig Poth mit Mein progressiver Alltag, und Gerhard Seyfrieds »Freakadellen« und »Bulletten« werden zu Klassikern der links-alternativen Szene, die bald auf keinem Flugblatt fehlen. 1976 erscheint mit Wo soll das alles enden //kein »?«// sein »kleiner Leitfaden durch die Geschichte der undogmatischen Linken«, später verbringt er ein Jahr in San Franzisco und arbeitet mit an Gilbert Sheltons Freak Brothers. Franziska Becker veröffentlicht ab 1977 Comics und Cartoons in Emma, die später in Büchern mit dem Titel Mein feministischer Alltag Furore machen.

In Frankfurt gründen Bernd Pfarr und Volker Reiche 1978 ihr eigenes Magazin Hinz & Kunz, in München im Jahr darauf Hansi Kiefersauer und Tschap (d.i. Gabriel Nemeth) Zomix, in dem auch Tomas //kein »h«// Bunk und Ralf König erste Comics veröffentlichen. Und 1978 lässt Brösel (d.i. Rötger Feldmann) zum ersten Mal Werner knattern, zuerst in der Kieler Stadtzeitung Station to Station, ab 1981 in Büchern, die Comic-Bestseller werden, im eigens gegründeten »Semmel Verlach« (der sich später sogar an der Börse versucht) sowie ab 1990 in fünf Kinofilmen. Mit Rudi beginnt Peter Puck 1985 eine Kultserie um zwei nörgelnde Szenegänger, denen er zwei Jahrzehnte auf den Fersen bleibt, in der Titanic müht sich Bernd Pfarr von 1987 an mit Sondermann, »den Bildern« – so seine Worte – »die Realität auszutreiben«, und in Das kleine Arschloch (1990) lässt Walter Moers die Hosen gänzlich runter.

Was im »Underground« seinen Anfang nimmt, wird für viele zum Beginn einer Karriere. Ralf König etwa veröffentlicht 1987 seine erste Graphic Novel Der bewegte Mann, die zur Vorlage für den mit 6,5 Millionen Zuschauern bis dato zweiterfolgreichsten Film des deutschen Kinos wird. Seitdem hat er mehr als vierzig Bücher publiziert, die in über ein Dutzend Sprachen (sogar ins Gälische) übersetzt wurden und ihn über die Grenzen hinaus zum bekanntesten deutschen Comic-Artisten machen. Mit seinen seit 1990 auftretenden Figuren Konrad und Paul (die über die Jahre mit ihrem Zeichner altern) und Titeln wie Superparadise (1999) zum Thema Aids, Sie dürfen sich jetzt küssen (2003) zur »Homoehe« oder Vervirte Zeiten (2021) über das Leben im Lockdown wurde er zum Chronisten des schwulen Alltags.

Tomas Bunk dagegen zieht 1983 nach New York, arbeitet an Art Spiegelmans RAW mit und seit 1990 für MAD; erst vor zwei Jahren erhielt er in der Kategorie »Newspaper & Magazine Illustration« den Reuben Award der National Cartoonists Society. Volker Reiche zeichnet von 1985 bis 2006 Mecki für die Hörzu und von 2001 bis 2010 den Strip Strizz für die FAZ, Hansi Kiefersauer die Käpt’n Blaubär-Comics nach der Figur von Walter Moers und seit 2006 ebenfalls Mecki.

Zwar ist der Comic noch nicht rehabilitiert in den 1970ern, wird jedoch immer breiter akzeptiert und weckt verstärkt Interesse, einige sprechen bereits sogar von Kunst.[9] 1972 startet das Magazin Zack mit Abenteuerserien, die in Frankreich und Belgien Erfolge sind. Aber auf lange Sicht möchte man vom reinen Lizenznehmer gerne zum Lizenzgeber werden und beauftragt den Illustrator Dieter Kalenbach, in Sachen Comics ein unbeschriebenes Blatt bislang, mit einer eigenen Serie. Das Ergebnis ist 1973 die in Lappland, das Kalenbach häufig bereist hat, spielende Serie Turi & Tolk um einen jungen Lappen und seinen Adler. Künstlerisch orientiert sich Kalenbach an den franko-belgischen Vorbildern und legt in Deutschland erstmals eine Serie vor, die im internationalen Wettbewerb mithalten kann.

Ebenfalls für Zack entwirft Matthias Schultheiss die Highway-Ballade Trucker, schießt erzählerisch jedoch darüber hinaus, was der Verlag seinem jungen Publikum zumuten möchte; sie wird abgelehnt.[10] Auch mit weiteren Projekten wie einer Hitler-Biografie oder der Adaption von Charles-Bukowski-Short-Storys hat er Pech; Erstere zieht der Auftraggeber schließlich zurück, im anderen Fall ist die Rechtslage kompliziert. Erst Mitte der 1980er-Jahre gelingt es Schultheiss, mit Reihen wie Die Wahrheit über Shelby oder Die Haie von Lagos (sowie schließlich auch seinen Bukowski-Storys) Fuß zu fassen. Mit seiner kunstvollen Farbgestaltung und Expressivität etabliert er eine unverwechselbare Ästhetik als Markenzeichen, bald erhält er Angebote aus den USA und Japan. Doch dann gibt er das Zeichnen auf und wechselt zum höher dotierten Schreiben von TV-Serien; erst in den letzten Jahren sind wieder neue Arbeiten entstanden wie die Graphic Novel Die Reise mit Bill (2010).

Auf dem 1984 erstmals stattfindenden Internationalen Comic-Salon in Erlangen wird der erste Max-und-Moritz-Preis in der Kategorie »Bester deutschsprachiger Comic-Zeichner« an den Grazer Chris Scheuer vergeben. Dass Scheuer zu diesem Zeitpunkt gerade erst einige wenige Dutzend Seiten veröffentlicht hat, zeigt, dass man nach Kandidaten noch suchen muss. Und etliche Talente, auf denen Hoffnungen ruhen, stellen bald fest, dass sie den Bedingungen einer kontinuierlichen Produktion nicht gewachsen sind. Scheuer bricht seine vielversprechende Serie Sir Ballantime nach nur einem Band unvollendet ab, ebenso Christian Gorny die ursprünglich als Trilogie angekündigte Biografie des Massenmörders Haarmann.

Im Juni 1990 widmet der Carlsen Verlag als »Aufbruchssignal« ein komplettes Monatsprogramm zum Erlanger Comic-Salon ausschließlich deutschen Zeichnern (darunter Schultheiss, Scheuer, Gorny, Ralf König, Michael Götze, Ulf Harten und Harald Siepermann). Noch sind deutsche Titel eher Ausnahmen im Angebot, doch der beginnende Wandel liegt in der Luft. Der Schweizer Thomas Ott legt 1989 in einer eindrucksvollen Schabkarton-Technik den Band Tales of Error vor und veröffentlicht seither regelmäßig zumeist düster-schaurige Alben sowohl in Deutschland wie in Frankreich. Gleichermaßen zur festen Größe avanciert ist mit inzwischen bald zwanzig Titeln Isabel Kreitz, die zunächst den Zeitungsstrip Ottifanten ghostet und 1994 ihr erstes eigenes Album Schlechte Laune! vorlegt, einen schrägen Schwarz-weiß-Trip durch Hamburgs U-Bahn-Schächte. Neben dramatisierten Biografien wie der Richard Sorges und 2010 auch Haarmanns (nach dem von Peer Meter ursprünglich für Gorny verfassten Szenario) in detailverliebten, beinahe fotorealistischen Bleistiftzeichnungen adaptiert sie bevorzugt literarische Vorlagen wie Uwe Timms Die Entdeckung der Currywurst oder die Klassiker Kästners. Ihr Traumprojekt wären die Buddenbrooks, doch der S. Fischer Verlag als Rechteinhaber lehnt eine Thomas-Mann-Adaption in Comic-Form strikt ab.

Keine derartigen Berührungsängste bestehen bei Suhrkamp, wo seit 2011 eine Reihe von Graphic Novels – eher Interpretationen oder ein Spiel mit den Motiven als werkgetreue Umsetzungen – wie Geschichten vom Herrn Keuner (Ulf K.), Huck Finn (Olivia Vieweg) oder Marcel Beyers Flughunde (Ulli Lust) erscheinen. Besonders der Wiener Zeichner Nicolas Mahler ist auf diesem Gebiet ebenso produktiv wie vergnüglich, nach Thomas Bernhard und Robert Musil hat er inzwischen auch Prousts Auf der Suche nach der verlorenen Zeit ins Visier genommen – und mit köstlich reduziertem Strich auf 170 Seiten komprimiert: Was für eine Ersparnis an Lesezeit!

Das Aufkommen der Graphic Novel hat die Situation der Zeichner (nicht allein in Deutschland) grundlegend verändert.[11] Statt an Serien für in der Regel junge Leser zu arbeiten, können sie sich nun, Literaten gleich, frei eigenen Themen und Stoffen ihrer Wahl widmen. Reinhard Kleist, dessen bereits erste Veröffentlichung Lovecraft 1996 als »beste deutschsprachige Eigenproduktion« mit dem Max-und-Moritz-Preis prämiert wird, hat sich, neben eigenen Erzählungen, auf Biografien wie die von Johnny Cash, Elvis, Fidel Castro oder Nick Cave spezialisiert. Flix (d.i. Felix Görmann) dagegen erzählt in held (2003) gleich die eigene. Und als er dort ankommt, wo er nun steht in der Gegenwart, und erst in der Mitte des Buches ist – erzählt er einfach weiter. (Dass er allerdings 2018 einmal mit Spirou in Berlin auch in die Fußstapfen André Franquins treten würde, hat er dabei geflissentlich verschwiegen.)

Mittlerweile lässt sich auch in Deutschland der Beruf des Comic-Zeichners an einigen Hochschulen erlernen, die Stadt Erlangen veranstaltet zudem im Rahmen des Comic-Salons regelmäßige Seminare unter Anleitung von Profis. Die nächste Generation ist damit längst am Start und präsentiert sich in den unterschiedlichsten Genres und Formaten so schillernd und vielseitig wie noch nie: VORHANG AUF!


[1] Im Gegensatz zur klassischen Bildergeschichte, die Bild und Text räumlich scheidet, und bei der das Bild den Erzähltext zumeist illustriert, im besten Falle ergänzt, verschmilzt im Comic beides zu einer hybriden Einheit durch die Integration von Sprechblasen, Textboxen oder Onomatopöien unmittelbar in die Zeichnungen.

[2] Sprechblasen waren bei den frühen Zeitungsserien keineswegs verbindlich, etliche Zeichner verwendeten stattdessen kurze Textzeilen oder Dialoge unter den Bildern. Bald hatten »balloons« dieses Prinzip jedoch so gut wie vollständig verdrängt. Die Serie Prinz Eisenherz (ab 1937) etwa erscheint bis heute ohne Sprechblasen.

[3] Busch hat die Geschichte in dieser Form nie umgesetzt und lediglich Motive daraus für zwei 1866 gedruckte Bilderbogen verwendet. Es mögen vor allem drucktechnische Gegebenheiten gewesen zu sein, die ihn vom modernen Comic abhielten; Buschs Verleger Kaspar Braun ließ seinen Zeichner in der Regel im Unklaren darüber, in welcher Form er dessen Geschichten zu veröffentlichen gedachte, in der satirischen Zeitschrift Fliegende Blätter, in der die Bilder wegen des zweispaltigen Layouts untereinander abgedruckt wurden, oder als Bilderbogen mit horizontalen Bilderstreifen. In der Regel lieferte Busch seine Zeichnungen somit in loser Form auf durchnummerierten Einzelblättern bei Braun ab und überließ deren Arrangement seinem Verleger.

[4] 1897 beauftragte der New Yorker Zeitungsverleger William Hearst den aus dem holsteinischen Heide eingewanderten Zeichner Rudolph Dirks mit der Gestaltung einer neuen Comic-Serie, wobei er ihm »something like Max and Moritz« als Direktive gab. Das Ergebnis war der Strip The Katzenjammer Kids, der zur langlebigsten aller Zeitungsserien werden und bis 2006 erscheinen sollte. Anscheinend hat Dirks Busch nicht zu deutlich kopieren wollen, und so präsentierte er in der ersten Episode drei Lümmel, die den Gärtner mit dem Wasserschlauch malträtierten. In der Folge darauf war der überzählige Bruder jedoch verschwunden und blieb es fortan auch. Dirks gestaltete The Katzenjammer Kids zunächst als Pantomime, dann mit Dialogen unter den jeweiligen Bildern, erst 1900 macht er die Sprechblase zum Prinzip seiner Gags.

[5] Kurt Kusenberg, damals Lektor des Ullstein Verlags, dachte dabei an die Trickfilm-Figur, die mit Micky. Das Tonfilmwunder 1930 im Berliner »Marmorhaus« zum Sensationserfolg geworden war. »Alle Tonfilmtheater-Besitzer werden guttun, sich schnellstens für Micky zu interessieren«, notierte die B.Z.. »Micky wird der Liebling ihres Publikums werden, und solche Lieblinge kann man in unseren Zeiten gar nicht genug haben. Es lebe Micky, die Tonfilm-Maus!« In dem pommerschen NSDAP-Gauorgan Die Diktatur hatte man sich allerdings schon im Jahr darauf »am Gängelbande des Finanzjuden« gefühlt und Disneys Maus eine »Verblödungskur« genannt, »das schäbigste, elendste Ideal, das je erfunden wurde«.

[6] In letzter Zeit kursiert in der deutschen Comic-Forschung eine haltlose und geradezu zynische Verkennung der historischen Umstände, durch die Ohser vom Opfer zum (Mit)täter stilisiert wird. Er habe sich »genötigt [gesehen], seine Schöpfung […] an den NS-Staat auszuliefern, indem er etwa Vater und Sohn im Februar und März 1936 für das Winterhilfswerk werben ließ«, heißt es da zum Beispiel. Somit sei »seine Rolle als NS-Opfer« eher ein Mythos, da von dem »wahren plauen« nach dem Krieg »im Wirtschaftwunder-Deutschland […] niemand etwas wissen« wollte. (Alexander Braun im Katalog der Ausstellung »Comics, Mangas, Graphic Novels«, Bundeskunsthalle 2017) Den Nazis die Vereinnahmung seiner Figuren verweigern zu wollen, unter der Ohser selbst litt, wäre womöglich schon zu diesem Zeitpunkt einem Todesurteil gleichgekommen, da er unter Beobachtung stand und von seinem Nachbarn Bruno Schultz, Hauptmann in der Abteilung Propaganda des Oberkommandos der Wehrmacht, bespitzelt (und später denunziert) wurde. Dass so etwas nie ohne Folgen blieb, belegt etwa der holländische Zeichner Alfred Mazure, der sich 1942 weigerte (obwohl der Ullstein Verlag ihm eine Auflage von einer Million Exemplare versprach), seinen populären Detektiv Dick Bos in den Dienst der Wehrmacht zu stellen. Fortan durfte er die Serie nicht mehr zeichnen, sie verschwand. »Maz« immigrierte später nach England.

[7] Die Figur Mecki entstammt dem Puppenfilm Der Wettlauf zwischen dem Hasen und dem Igel der Gebrüder Diehl aus dem Jahre 1938 und wurde in den 1950er-Jahren zum Namensgeber des berüchtigten Mecki-Haarschnitts. Parallel zu Escher führten auch andere Zeichner wie Wilhelm Petersen oder Heinz Ludwig die Serie fort, die, mit diversen Unterbrechungen sowie Konzeptänderungen während der 1970er-Jahre, bis heute erscheint, seit 2006 gestaltet von Johann Kiefersauer.

[8] Der Konkurs Lehnings 1968 bedeutete für Wäschers Serien das Aus. In der tristen Nachkriegszeit waren sie einer der wenigen Lichtblicke für eine ganze Generation gewesen, und so beginnt schon 1976 ein Reigen von Nachdrucken in den unterschiedlichsten Formaten. Für den Sammlerverlag Norbert Hethke zeichnet Wäscher 1984 dann ein neues Sigurd-Abenteuer, das bei den Fans auf große Resonanz stößt und zur Fortsetzung auch seiner anderen Serien führt, die er bis zu seinem Tod betreibt. Serien wie Sigurd oder Nick werden bis heute, mehr oder weniger in Wäschers Stil und im nostalgischen Piccolo-Format, von Aficionados fortgeführt und zählen mittlerweile weit mehr Hefte als Wäscher selbst ursprünglich gezeichnet hatte. Die Auflagen sind dreistellig.

[9] 1970 zeigt die Berliner Akademie der Künste die Ausstellung »Vom Geist der Superhelden. Comic Strips«, im Jahr darauf erscheint mit Comics. Anatomie eines Massenmediums von Wolfgang J. Fuchs und Reinhold C. Reitberger ein erstes fundiertes Buch über den Comic, ein weiteres Jahr später publiziert die Schweizer Kunstzeitschrift Graphis eine Sonderausgabe mit dem Titel Die Kunst des Comic-Strip, 1974 kommt es zur Gründung der Zeitschrift Comixene, lange Zeit das führende Fachmagazin.

[10] Statt in Zack erscheint Trucker schwarz-weiß schließlich 1981 in einem »Comic-Reader« (Edition Becker & Knigge) sowie farbig 1989 und 1990 in zwei Bänden bei Carlsen.

[11] Der Begriff »Graphic Novel« ist nicht präzise definiert und wird höchst unterschiedlich benutzt, manchmal nur hinsichtlich des Buchformats, dann wieder für in sich abgeschlossene, nicht auf Fortsetzung bedachte Erzählungen oder schlicht in inhaltlicher Abgrenzung zum Mainstream. Will Eisner, der den Begriff 1978 im Vorwort seiner Erzählung Ein Vertrag mit Gott erstmals umschrieb, sieht die Graphic Novel als eine in der Form freie grafische Erzählung mit einem »relevant subject«, einem bedeutungsvollen Thema. Für Art Spiegelman hingegen ist sie schlicht »ein Comic, für den man ein Lesezeichen benötigt«.

(Unveröffentlicht. Die Comicszene packt aus!, Ausstellungskatalog der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen 2021)

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